Die Vor- und Nachteile von extrinsischer und intrinsicher Motivation für Mitarbeiter in Organisationen
Was ist Motivation?

Das Thema Motivation ist ein komplexes Thema, denn es hat mit Menschen zu tun. Menschen sind ein Konglomerat aus Systemen, dem biologischen und dem psychologischen System, die unabhängig voneinander „funktionieren“ und doch erheblichen Einfluss auf das jeweilige andere System haben. Es handelt sich also um lebendige Systeme (siehe Blogpost April 2015). Dennoch wird es häufig so behandelt als wäre es nur kompliziert, das heißt, als würde es reichen alle zugrundeliegende Mechanismen zu verstehen, um so den richtigen Knopf zu finden, der die Mitarbeiter motiviert.

Dieser sehr nachvollziehbare Wunsch nach dem Knopf der Beherrschbarkeit von menschlicher Leistung in einer Organisation, lässt sich sogar erfüllen, wenn wir Motivation nur als Bereitschaft zum Handeln verstehen. Wohlgemerkt, als Bereitschaft zum HANDELN. Handeln ist Verhalten und lässt sich beobachten. Verhalten lässt sich auch sehr effektiv steuern, was wir spätestens seit der Hochzeit des Behaviorismus und den Pawlov’schen Hunden wissen. Doch wenn wir heute von der Notwendigkeit sprechen, Mitarbeiter zu motivieren, dann meinen wir sehr oft und wünschen uns, dass Mitarbeiter mitdenken, eigenständig Entscheidungen treffen, Lösungsvorschläge haben und auch mal erkennen, wann es nötig ist die extra Meile zu gehen.

All diese Eigenschaften von Mitarbeitern, die wir uns so sehnlich wünschen, haben aber nur in letzter Konsequenz mit Handeln zu tun. Sie lassen sich also nur im letzten Schritt am Verhalten beobachten. Davor, nicht beobachtbar, laufen interne Prozesse ab. Es werden verschiedene Perspektiven eingenommen, Erfahrungen einbezogen, Abwägungen gemacht, neue Ideen formuliert und immer spielt auch ein Gefühlszustand mit rein.

Diese Prozesse lassen sich von außen nicht beherrschen. Ich kann Niemandens Gedanken beherrschen. Dennoch halten wir stark an den Steuerungssystemen der industriellen Revolution fest und arbeiten mit behavioristischen Anreizsystemen wie Zuckerbrot (Belohnung) und Peitsche (Bestrafung). In unser mittlerweile hochkomplexen Arbeitswelt stellen wir jedoch immer deutlicher fest, dass selbst mehr und mehr vom ehemals Guten nicht zu den gewünschten Resultaten (Kreativität, Eigenständigkeit, Lösungsorientierung, usw.) führt.

Eine differenzierte Betrachtung des Konzeptes Motivation kann uns helfen, zu verstehen, wozu Anreizsysteme führen und welche Bedingungen es braucht um die gewünschten Eigenschaften der Mitarbeiter zuzulassen. Die Psychologie und insbesondere Prof. Edward Deci und Prof. Richard Ryan liefern uns eine hilfreiche Betrachtungsmöglichkeit und einige verblüffende Erkenntnisse zur menschlichen Motivation.

Die Selbstbestimmungstheorie als Brille für menschliche Motivation

1975 bereits, erschien die erste Publikation von Edward Deci mit dem Titel „Intrinsic Motivation.“ Der Unterschied zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation wurde seitdem intensiv erforscht. Die Begriffe sind geläufig, jedoch zeigt unsere Erfahrung in der Praxis, dass selten deutlich ist, was diese Begriffe genau bedeuten. Noch weniger ist bekannt, unter welchen Bedingungen welche Form der Motivation gefördert wird und was die Konsequenzen der unterschiedlichen Motivationsformen sind.

Die Selbstbestimmungstheorie (im Original: Selfdetermination Theory) bietet einen theoretischen Rahmen, innerhalb dessen seit über 40 Jahren die menschliche Motivation in den unterschiedlichsten professionellen Kontexten untersucht wird. Die grundlegende Unterscheidung innerhalb der Theorie wird zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation gemacht (um ganz genau zu sein, handelt es sich um ein Kontinuum mit Autonomie/Selbstbestimmung an einem Ende und Kontrolle am anderen Ende. Das führt hier aber zu weit und wird vielleicht in einem zukünftigen Beitrag näher erläutert).

Wenn Menschen intrinsisch motiviert sind, dann beschäftigen sie sich mit einer Aufgabe, wegen der Tätigkeit selbst. Das heißt sie ziehen die Motivation aus der Durchführung der Aufgabe selbst. Wenn Menschen extrinsisch motiviert sind, dann beschäftigen sie sich mit einer Aufgabe, wegen den erwarteten externen Konsequenzen, die die Erfüllung oder Nichterfüllung der Aufgabe mit sich bringt. Das heißt, sie ziehen die Motivation aus einer erhofften Belohnung (z.B. ein Eis oder eine Bonuszahlung) oder der erhofften Vermeidung einer Bestrafung (z.B. Hausarrest oder Jobverlust).

Was nützt diese theoretische Entscheidung nun in der Praxis? Solange die Mitarbeiter tun was sie sollen, kann es doch egal sein wie man die zugrunde liegende Motivation nennt. Nein, denn beide Formen der Motivation bringen ganz eigene Konsequenzen mit sich.

Intrinsische vs. Extrinsische Motivation und die Konsequenzen

Die Vorteile intrinsischer Motivation wurden in einer Vielzahl von Studien in unterschiedlichsten professionellen Bereichen demonstriert (Deci, 2014; Pink, 2010). Der wohl nennenswerteste Vorteil der intrinsischen Motivation ist die Langfristigkeit. Wenn jemand intrinsisch motiviert ist, dann zeichnet sich das dadurch aus, dass über lange Zeiträume hinweg beharrlich an einer Aufgabe oder einem Problem gearbeitet wird. Hinzu kommt, dass intrinsisch motivierte Menschen nach einem Gefühl von Kompetenz und Verbesserung streben. Das heißt, sie wollen immer besser werden in dem was sie tun. Dadurch sind intrinsisch motivierte Mitarbeiter immer bestrebt besser zu werden.

Der große Nachteil von intrinsischer Motivation ist, dass es unmöglich ist diese von außen zu erzeugen. Es ist nur möglich, Rahmenbedingungen zu schaffen, die intrinsische Motivation zulassen und besonders darauf zu achten, dass externe Anreize die intrinsische Motivation der Mitarbeiter nicht zunichtemachen.

Der Vorteil von extrinsische Motivation ist, dass es relativ einfach ist, durch Belohnung und Bestrafung kurzfristige Motivationsschübe zu erzielen. Dieser Motivationsschub kann anfänglich sogar höher sein, als bei rein intrinsisch motivierten Mitarbeitern. Jedoch ist Vorsicht geboten, denn diese externen Anreize (z.B. Bonuszahlung) haben im Gehirn einen ähnlichen Effekt wie z.B. Nikotin. Beim Erhalt einer Belohnung werden Glückshormone ausgeschüttet. Mit der Zeit tritt jedoch eine Gewöhnung ein. Die Folge dieses Gewöhnungseffektes ist es, dass ich für das gleiche Motivationslevel meiner Mitarbeiter immer höhere Belohnungen ansetzen muss, bzw. immer drastischere Sanktionen.

Ein weiterer Nachteil der extrinsischen Motivation ist, dass ich damit nur positiven Einfluss auf das Verhalten einer Person ausüben kann, aber sehr viel negativen Einfluss auf die innere Einstellung einer Person. Ich kann also bei komplexen Aufgaben, bei den es auf Lösungskompetenzen der Person ankommt und nicht auf das Ausführen von vordefiniertem Verhalten mit extrinsischen Anreizen nur Schaden anrichten. Dieser Effekt wurde in etlichen Lebensbereichen demonstriert (Pink, 2010). Sobald externe Anreize geboten werden, wird eine Aufgabe nicht mehr aus interner Motivation heraus gemacht, sondern für die externen Anreize. Mit allen Konsequenzen, also mit weniger Beharrlichkeit und nur dem Ziel die Anforderungen für die Belohnung zu erfüllen, mit enger Fokussierung (Gegenteil von Kreativität) und immer mit der Wahrscheinlichkeit Abkürzungen zu nutzen, um die Belohnung zu erhalten und nicht, um die Aufgabe so gut und sinnvoll wie möglich zu erledigen.

Externe Anreize funktionieren also gut für Routineaufgaben, nicht jedoch für die Aufgaben, die in unserer heutigen komplexen Arbeitswelt den entscheidenden Unterschied für eine Organisation machen. Es ist in der Wissenschaft also sehr deutlich, dass intrinsische Motivation die Motivation der Wahl ist und extrinsische Motivation sich nur für Routineaufgaben anbietet. Dennoch wird in der Wirtschaft überwiegend mit dem Prinzip Zuckerbrot und Peitsche gearbeitet. Eine teure Entscheidung. Oft liegt es sicherlich daran, dass es sehr viel schwieriger ist, intrinsische Motivation von Mitarbeitern zu unterstützen, als Belohnung oder Bestrafungen zu nutzen.

Ein entscheidender Faktor für intrinsisch motivierte Mitarbeiter, ist die Unterstützung von Autonomie. Mitarbeiter brauchen das Gefühl selbst entscheiden zu können, selbst wenn es nur in kleinem Maße ist. Eine wunderbare Möglichkeit, um die Autonomie zu erhöhen ist das Prinzip der Selbststeuerung. Damit werden wir uns dann im nächsten Post befassen.

Literatur

Deci, E.L. (2014). Why we do what we do: Understanding Self-Motivation. Penguin Random House.

Pink, D.H. (2010). Drive: Was sie wirklich motiviert. Ecowin Verlag.